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Gesetz zur Vaterschaftsfeststellung verabschiedet
Die Frage, von wem ein Kind abstammt, ist für eine Familie von existentieller Bedeutung. Der rechtliche Vater möchte wissen, ob er auch der biologische Vater ist. Das Kind möchte wissen, von wem es abstammt, und zuweilen möchte auch die Mutter Klarheit schaffen. Dieses Klärungsinteresse, so hat das Bundesverfassungsgericht am 13. Februar 2007 entschieden, ist verfassungsrechtlich geschützt.
„Es kann keine Lösung sein, die Frage der Abstammung mit Hilfe von heimlichen Gen-Tests zu beantworten. Genetische Daten gehören zu den persönlichsten Informationen, die es über einen Menschen gibt. Heimlich die Haare oder den Speichel eines Kindes in einem Labor untersuchen zu lassen, stellt einen schwerwiegenden Verstoß gegen das informationelle Selbstbestimmungsrecht dar. Auch das hat das Bundesverfassungsgericht in seiner Entscheidung klar herausgestellt. Deshalb bieten wir jetzt ein einfaches Verfahren an, das aber sicherstellt, dass die Rechte aller Betroffenen gewahrt bleiben“, sagte Bundesjustizministerin Brigitte Zypries.
Nach geltendem Recht kann die Frage der Abstammung problemlos in einem privaten Gutachten geklärt werden, wenn alle Betroffenen einverstanden sind. Sperrt sich allerdings einer der Betroffenen, bleibt dem rechtlichen Vater nur die Möglichkeit einer Anfechtungsklage (§§ 1600 ff. BGB), die innerhalb einer Frist von zwei Jahren nach Kenntnis der gegen die Vaterschaft sprechenden Umstände erhoben werden muss. Im Rahmen eines solchen Verfahrens kann die Abstammung zwar geklärt werden – stellt sich allerdings heraus, dass der rechtliche nicht der biologische Vater ist, wird damit zwangsläufig das rechtliche Band zwischen Vater und Kind zerrissen. Es besteht also bislang keine Möglichkeit, bei fehlender Einwilligung die Abstammung zu klären, ohne Konsequenzen für die rechtliche Beziehung zwischen Vater und Kind fürchten zu müssen. Mit dem neuen Gesetz soll die Klärung der Vaterschaft für alle Beteiligten – also Vater, Mutter und Kind – erleichtert werden.
„Bei allem Interesse daran, die Abstammung zu klären, das Kindeswohl muss stets berücksichtigt werden. Häufig wird ein Kind zutiefst verunsichert sein, wenn es erfährt, dass sein rechtlicher Vater nicht der „echte“ Vater ist. Das Kind muss daher stabil genug sein, um eine solche Information verkraften zu können. Für Fälle, in denen das nicht gewährleistet ist, sieht unser Gesetzentwurf eine Härteklausel vor“, sagte Bundesjustizministerin Brigitte Zypries.
Künftig wird es zwei Verfahren geben:
I. Verfahren auf Klärung der Abstammung
II. Anfechtung der Vaterschaft
I. Anspruch auf Klärung der Abstammung (§ 1598a BGB n. F.)
Die neue Regelung sieht vor, dass Vater, Mutter und Kind jeweils gegenüber den anderen beiden Familienangehörigen einen Anspruch auf Klärung der Abstammung haben. Das heißt, die Betroffenen müssen in die genetische Abstammungsuntersuchung einwilligen und die Entnahme der erforderlichen Proben dulden.
Der Anspruch ist im Hinblick auf die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts an keine weiteren Voraussetzungen geknüpft. Auch Fristen sind nicht vorgesehen.
Willigen die anderen Familienangehörigen nicht in die Abstammungsuntersuchung ein, wird ihre Einwilligung grundsätzlich vom Familiengericht ersetzt. Um dem Kindeswohl in außergewöhnlichen Fällen (besondere Lebenslagen und Entwicklungsphasen) Rechnung zu tragen, kann das Verfahren ausgesetzt werden. Damit soll sichergestellt werden, dass der Anspruch nicht ohne Rücksicht auf das minderjährige Kind zu einem ungünstigen Zeitpunkt durchgesetzt werden kann.
Beispiel: Das Kind ist durch eine Magersucht in der Pubertät so belastet, dass das Ergebnis eines Abstammungsgutachtens seinen krankheitsbedingten Zustand gravierend verschlechtern könnte (z. B. akute Suizidgefahr). Geht es dem Kind wieder besser, kann der Betroffene einen Antrag stellen, das Verfahren fortzusetzen.
II. Verfahren zur Anfechtung der Vaterschaft (§§ 1600 ff. BGB n. F.)
Das Anfechtungsverfahren ist unabhängig von dem Verfahren zur Durchsetzung des Klärungsanspruchs. Das zweifelnde Familienmitglied hat die Wahl, ob es eines oder beide Verfahren, d.h. zunächst Klärungsverfahren und dann Anfechtungsverfahren, in Anspruch nehmen will.
Für die Anfechtung der Vaterschaft gilt auch in Zukunft eine Frist von zwei Jahren (§1600b BGB). Die Anfechtungsfrist hat zum Ziel, einerseits dem Betroffenen eine ausreichende Überlegungsfrist zu verschaffen und andererseits die Interessen des Kindes am Erhalt gewachsener familiärer Bindungen zu schützen. Nach Fristablauf soll Rechtssicherheit eintreten. Für den Betroffenen bedeutet das: Erfährt er von Umständen, die ihn ernsthaft an seiner Vaterschaft zweifeln lassen, muss er seine Vaterschaft innerhalb von zwei Jahren anfechten.
Hemmung der Anfechtungsfrist
Die Anfechtungsfrist soll gehemmt sein, wenn der Vater ein Verfahren zur Klärung der Abstammung durchführt.
Beispiel: Das Kind wird im Juni 1998 geboren. Der Ehemann (also der rechtliche Vater) erfährt im Juni 2008, dass seine Ehefrau im Herbst 1997 eine außereheliche Affäre hatte. Gemäß § 1600b BGB hat der Ehemann zwei Jahre Zeit, um seine Vaterschaft anzufechten. Die Frist läuft ab Kenntnis der Umstände, die ihn an seiner Vaterschaft zweifeln lassen – also ab Juni 2008. Lässt der Ehemann die Abstammung zunächst gerichtlich klären, wird die Anfechtungsfrist angehalten. Sie läuft erst sechs Monate, nachdem eine rechtskräftige Entscheidung im Klärungsverfahren ergangen ist, weiter. Ergeht also im Dezember 2008 eine rechtskräftige Entscheidung, läuft die Frist ab Juni 2009 wieder bis Juni 2011.
Die Neuregelung soll spätestens am 31. März 2008 in Kraft treten. Das Bundesverfassungsgericht hatte dem Gesetzgeber aufgegeben, bis zu dieser Frist ein vereinfachtes Verfahren zur Klärung der Abstammung zu schaffen.
Eingestellt am 06.03.2008 von W.Magerl
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