Entscheidung des BGH zur Vaterchaftsanfechtung

Die Mutter eines Kindes hat grundsätzlich das Recht, nachträglich die Vaterschaft anzufechten. Daran ändert sich auch dann nichts, wenn sie den Mann schwanger geheiratet hat und beide von vornherein wussten, dass das Kind nicht von ihm ist. Das hat der Bundesgerichtshof (BGH) entschieden (Beschl. v. 18.3.2020, Az.: XII ZB 321/19).

Ein Paar aus Bayern hatte sich mehrfach getrennt und war immer wieder zusammengekommen. Während einer ungefähr halbjährigen Beziehungspause wurde die Frau von einem anderen Mann schwanger. Kurz darauf heiratete sie im Mai 2016 ihren ursprünglichen Partner. Als im Oktober die kleine Tochter zur Welt kam, wurde er damit rechtlich der Vater. Aber die Beziehung hielt nur noch ein knappes Jahr. Nach der Trennung beantragte die Frau im Juli 2018 beim Amtsgericht die Feststellung, dass ihr Ex-Mann nicht der Vater ist.

Der Mann wehrte sich dagegen beim Oberlandesgericht und schließlich beim BGH - jeweils ohne Erfolg. Seit 1998 hat die Mutter gemäß § 1600 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) ein eigenes Recht, die Vaterschaft anzufechten; vorher konnte sie das nur als Vertreterin des Kindes tun. Diese neue Möglichkeit habe der Gesetzgeber bewusst nicht an Voraussetzungen knüpfen wollen, entschieden die Karlsruher Richter nun.

Einzige Bedingung sei, dass die Anfechtung in der Regel in den ersten zwei Lebensjahren des Kindes erfolgen müsse, solange die Bindung an den Vater noch nicht so stark entwickelt sei. Es stünden sich nämlich verschiedene widerstreitende Grundrechtspositionen gegenüber, namentlich die jeweils von Art. 6 Abs. 2 S. 1 Gundgesetz (GG) geschützte elterliche Sorge sowohl der Mutter als auch des Vaters, die auch die Entscheidung über eine Anfechtung und das dadurch mittelbar betroffene Sorgerecht hat. Hinzu kommt das Recht des Kindes auf Erhalt seiner rechtlichen und sozialen familiären Zuordnung aus Art. 6 Abs. 1 GG. Durch die Anfechtungsfrist habe der Gesetzgeber dem Rechnung getragen und einen Ausgleich geschaffen.

Nach Auffassung des BGH liegt in dem Fall auch kein Rechtsmissbrauch wegen widersprüchlichen Verhaltens vor. Die Zwei-Jahres-Frist sei für die Mutter auch gerade als Überlegungsfrist insbesondere darüber gedacht, ob sich "die mit der rechtlichen Vaterschaft verbundenen Erwartungen" erfüllt hätten. Dass durch die Anfechtung die seelische Entwicklung des Kindes beeinträchtigt werde, sei nicht ersichtlich. Die Richter gehen davon aus, dass dem Mann ein Umgangsrecht eingeräumt werden dürfte. Das sei geeignet, den negativen Auswirkungen der Trennung zu begegnen.

Quelle: Legal Tribune Online vom 11.05.2020



Eingestellt am 11.05.2020 von W.Magerl
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